SK:KK: Sie sind Klimaschutzmanagerin eines Stadtbezirks. Sehen Sie in dieser administrativen Besonderheit einen Unterschied zu den Tätigkeiten von Klimaschutzmanager/innen in Gemeinden oder Städten?
Frau Schindler: Berlin ist ein Stadtstaat, der sich in zwölf Bezirke unterteilt. Das Bezirksamt Lichtenberg nimmt die Verwaltungsaufgaben für den Bezirk selbstständig wahr. Dabei sind die Bezirke jedoch keine eigenständigen Gebietskörperschaften mit eigener Rechtsprechung. Insofern haben die Bezirksämter zwar Handlungsspielräume, jedoch wird der prinzipielle Rahmen von der Senatsverwaltung Berlins festgelegt. Ich denke hierin besteht der größte Unterschied zu Städten oder Gemeinden.
SK:KK: Wie sehen Sie die landesweite Berliner Klimaschutzpolitik?
Frau Schindler: Die Senatsverwaltung versucht seit Jahren, das Thema voranzubringen. Im August 2014 beauftragte sie ein Forschungsinstitut mit der Entwicklung eines Berliner Energie- und Klimaschutzprogramms als zentrales politisches Instrument in Berlin. Nach eigenen Angaben soll dieses Programm in den nächsten Jahrzehnten alle Organisationseinheiten der Landesregierung beeinflussen und den Klimaschutz in der Stadt voranbringen. Ein maßgeblicher Akteur für die Umsetzung der dort ausgewiesenen Klimaschutzmaßnahmen werden die Bezirksämter sein.
Unbeachtet bleibt dabei aber, dass zahlreiche Bezirksämter bereits ihre seit Jahren vorliegenden – geförderten oder nicht geförderten – Klimaschutzkonzepte umsetzen. Es gibt also bereits umfangreiche Erfahrungen bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen. Vertreterinnen und Vertreter aus den Bezirksämtern können erfolgreiche Strategien, Hemmnisse und Erfordernisse teilweise klar benennen. Bedauerlicherweise sind sie jedoch nur sehr unzureichend in die Erarbeitung des berlinweiten Konzepts einbezogen. Meiner Meinung nach wäre es sinnvoller, wenn die Senatsverwaltung eine Koordinierungs- und Beratungsfunktion für die vorhandenen Klimaschutz-Akteure in der Stadt übernehmen würde, statt ein eigenes Konzept zu entwickeln.
SK:KK: Sie sind maßgeblich in ein Modellprojekt zur Energieeinsparung in privaten Berliner Mietshäusern involviert. Was ist das Ziel dieses Projektes?
Frau Schindler: Im Gegensatz zu den Mietbeständen von Wohnungsbaugesellschaften und –genossenschaften weisen die Mehrfamilienmietshäuser im Privatbesitz und Quartiere mit heterogener Eigentümerstruktur oft noch einen hohen energetischen Sanierungsbedarf auf. Das Bezirksamt Lichtenberg untersucht in einem Modellprojekt, welche Maßnahmen und Strategien besonders geeignet sind, den Energiebedarf und die CO2-Emissionen in diesen Gebieten wirtschaftlich sowie sozialverträglich zu senken. Im Fokus stehen dabei die energetische Gebäudesanierung, die effiziente Energieversorgung und die individuelle Beratung von Eigentümern und Mietern. Insbesondere durch einen Dialog zwischen den Beteiligten soll die Investitionsbereitschaft der privaten Eigentümer angeregt, die Akzeptanz der Mieter erhöht und darüber hinaus auch die Bereitschaft für liegenschaftsübergreifende Maßnahmen erwirkt werden.
Das Modellprojekt verfolgt hier zwei Ansätze: Einerseits bietet es ein auf das jeweilige Mietshaus bezogene Beratungspaket. So erhalten die Eigentümer ein differenziertes energetisches Sanierungskonzept und einen Energieausweis für ihr Gebäude kostenfrei und ohne Umsetzungsverpflichtung. Dabei werden auch kleinere Maßnahmen, wie das Dämmen von Leitungen oder Beleuchtungskonzepte betrachtet, die spürbare Effekte erzielen und relativ unkompliziert umzusetzen sind. Gleichzeitig können die Mieter Energieberatungen für ihren eigenen Haushalt in Anspruch nehmen. Andererseits sollen die Eigentümer auch für gebäudeübergreifende gemeinsam koordinierte Schritte gewonnen werden, um Investitionen zu sparen und die Belastungen für die Mieter zu senken. Denkbar wäre ein gemeinsam genutztes Blockheizkraftwerk oder das Nutzen von Rabattangeboten, indem energetische Sanierungsmaßnahmen gemeinsam beauftragt werden.
Nachdem wir Eigentümer und Hausverwaltungen intensiv angesprochen haben, wird das energetische Beratungsangebot inzwischen für 43 Prozent der Mietshäuser wahrgenommen.
Das berlinweit einmalige Projekt wird maßgeblich über das Förderprogramm „Stadtumbau Ost“ der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt finanziert. Erfreulicherweise konnte ich zudem die GASAG Berliner Gaswerke Aktiengesellschaft für eine fachliche und finanzielle Unterstützung gewinnen. Als Projektleiterin arbeite ich intensiv mit dem für das Projekt beauftragten Projektsteuerer, die STATTBAU Stadtentwicklungsgesellschaft mbH, zusammen.
SK:KK: Sie sind jetzt seit knapp drei Jahren als Klimaschutzmanagerin tätig. Was sind die nächsten großen Vorhaben und Projekte in Berlin-Lichtenberg?
Frau Schindler: In diesem Jahr wird die Entwicklung des Lichtenberger Mobilitätskonzepts ein Schwerpunkt meiner Arbeit sein. Dabei geht es im Wesentlichen darum, die verkehrsbedingten Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren und Fuß- und Fahrradverkehr sowie den ÖPNV attraktiver zu machen.
Basierend auf Bestands- und Zustandsanalysen sowie Prognosen soll ein innovatives und nachhaltiges Handlungskonzept für den Verkehrsbereich entwickelt und anschließend auch umgesetzt werden. In Kooperation mit dem Fachbereich Stadt- und Regionalplanung der Technischen Universität Berlin wird das Bezirksamt Lichtenberg bis zum Sommer 2015 ein Klimaschutzteilkonzept „Klimafreundliche Mobilität in Berlin – Lichtenberg“ erarbeiten. Dies geschieht im Rahmen eines einsemestrigen Studienprojektes, dessen Ergebnisse im Anschluss durch eine wissenschaftliche Mitarbeiterin und eine studentische Hilfskraft ergänzt, vertieft und aufbereitet werden.
Das Bezirksamt Lichtenberg stellte Ende März 2014 einen Förderantrag für das Klimaschutzteilkonzept im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. Mit Antragstellung hat sich das Bezirksamt zur Bereitstellung einer 50-prozentigen Finanzierung verpflichtet, die anderen 50 Prozent der Kosten werden über die NKI finanziert. Das Projekt läuft seit Oktober 2014.
Auch die Bevölkerung wird in dieses Vorhaben miteinbezogen: Lichtenberger Bürgerinnen und Bürger können über das Kontaktformular auf der Mobilitätshomepage. Vorschläge oder Hinweise einbringen. Darüber hinaus läuft eine enge Abstimmung mit dem Mobilitätsrat in Lichtenberg. Dort treffen sich seit dem Frühjahr 2011 interessierte und engagierte Einwohnerinnen, Vertreter von Verkehrsinitiativen, Vereinen und Verbänden, Mitarbeiterinnen von Verkehrsgesellschaften sowie Mitglieder der bezirklichen Verwaltung und Politik, um eine integrierte sowie umweltfreundliche Mobilitätsentwicklung im Bezirk zu fördern.
Name | Kirsten Schindler |
Ausbildung |
Dipl. Geographin, Nebenfachausbildung: Stadt- und Regionalplanung und Angewandte Ökologie |
Kontaktdaten |
E-Mail: kirsten.schindler@lichtenberg.berlin.de Tel.: 030-29064205 |
Bundesland | Berlin |
Verwaltungsbezirk | Lichtenberg |
Einwohnerzahl und Größe der Kommune |
Lichtenberg: 262.468 Fläche: 5.229 ha |
Meine Verortung in der Bezirksverwaltung | Abteilung für Wirtschaft, Personal und Finanzen (Abteilung der Bezirksbürgermeisterin) |
Ich bin Klimaschutzmanager für... | …die Umsetzung des bezirklichen Klimaschutzkonzeptes, mit 30 ausgewiesenen Klimaschutzmaßnahmen, verantwortlich. Ich initiiere Projektideen, erarbeite Konzepte, koordiniere den behördeninternen Abstimmungs- und Entscheidungsprozess, bringe Projektbeteiligte zusammen, sichere die Finanzierung (Fördermittelanträge, Ansprache von Sponsoren etc.) und leite die Projekte über die Projektlaufzeit. |
Projektlaufzeit | 01.11.2011 – 30.04.2015 |
Highlights der vergangenen Monate |
Umsetzung einer Klimaschutzmaßnahme "Erhöhung der energetischen Sanierungsrate" durch Initiierung eines ökologischen Modellprojekts im Stadtumbaugebiet Frankfurter Allee Nord Erstellung eines Mobilitätskonzepts für Lichtenberg |